Das Mekka der Korruption

 

Kasachstan ist reich an Öl und Gas. Seit 1991 regiert dort der autoritäre Präsident Nursultan Nasarbajew über die etwa 15 Millionen Einwohner. In der früheren Sowjetrepublik hat die Korruption Hochkonjunktur.

 

 

 

Am Anfang meldete sich bei Alimdschan, dem 34-Jährigen, noch das Gewissen, weil ihm ein Student ein paar Scheine unterschob, versteckt im Notenbuch, und er, der Dozent für Nahrungsmittelproduktion aus Almaty, schnell die Note in das Büchlein schrieb und seine Unterschrift darunter setzte. Lange her. Alimdschan kennt jetzt seinen Preis. 3000 Tenge für eine Prüfung - das sind umgerechnet 15 Euro -, wenn die Studenten ihn nett fragen. Auch mal 10 000 Tenge (50 Euro), wenn sie unverschämt darauf pochen, sie mit guten Noten zu versehen.


"Meine Psychologie hat sich geändert, hat sich ändern müssen", sagt er. Der dunkelhaarige untersetze Mann, seinen Nachnamen will er nicht nennen, hat studiert und promoviert. Nun unterrichtet er Teilzeit an der Agraruniversität in Almaty - und nimmt Geld für Prüfungen. Alle sieben Wochen wieder. "Es ist normal, eine richtige Handlung im falschen System."


Korruption an kasachischen Universitäten ist so alltäglich, dass sich selbst beim Abend-Spaziergang im Park jemand findet, der offen darüber redet. Der Preise aufzählt und die Methoden erklärt. Der kaum etwas verheimlicht - außer dem eigenen Namen -, und über das schmutzige Geben und Nehmen spricht, als erzählte er gerade, was es zu Mittag gegeben habe.


Jemand wie Malika, 20 und desillusioniert. Zwei Jahre hat sie an der Pädagogischen Universität in Almaty studiert, bis die Verwaltung ihren Studiengang schloss und die Studenten bat, ihre Unterlagen abzuholen. Kein Abschluss mehr möglich. Malika aber, das zierliche Mädchen mit schwarzen Haaren und guten Noten, will einen Abschluss. Will ein gestempeltes Dokument, weil in Kasachstan, wie auch in anderen postsowjetischen Ländern, ein Mensch "ohne Papier ein Stück Scheiße ist", wie es sprichwörtlich heißt. "Ich werde zahlen und das Diplom bekommen, auch ohne Prüfungen", sagt sie. Es sind etwa 4000 Euro für die nächsten beiden Studienjahre.


Propaganda-Worte


Auf dem Korruptionsindex von Transparency International landete Kasachstan im vergangenen Jahr auf Rang 133 von 174 Plätzen, wie Iran und Russland, und fiel damit im Vergleich zum Vorjahr um 13 Plätze nach unten. Der Staat versucht sich in Anti-Korruptionskampagnen, meist aber bleibt es bei schneidigen Worten. "Auf dem Papier sieht immer alles schön aus, selbst unsere altertümlichen Labors an der Uni", erzählt der Ingenieur Alimdschan. "Unsere nationale Identität ist die Korruption", sagt Dias Bejsenbek von der oppositionellen Organisation "Ruch pen til" (Geist und Sprache). Im vergangenen Jahr starteten er und seine Mitstreiter eine Umfrage an den Unis in Almaty. 84 Prozent der Studenten bestätigten die Schmiergeldzahlungen.


© Mannheimer Morgen, Donnerstag, 29.08.201

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