Der ehemalige Botschafter Kasachstans in Österreich, Rakhat Alijew (Bild), muss einem seiner Ex-Leibwächter, der ihm Entführung und Folter vorwirft, Schadenersatz zahlen. Dies geht aus einem vollstreckbaren Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts Wien-Innere Stadt hervor, den zwei Wiener Rechtsanwälte erwirkt haben. Den Advokaten ist es gelungen, Alijew einen Zahlungsbefehl auf eine Wiener Adresse rechtsgültig zuzustellen.
Damit gilt der Schadenersatzanspruch wegen physischer und psychischer Schäden sowie Freiheitsentzug in Österreich als gerichtlich durchgesetzt.
Die Höhe des Schadenersatzes ist mit 7.000 Euro eher symbolisch. Einschließlich der Zinsen (in Höhe von 3.242 Euro) und der Kosten für den Zahlungsbefehl (786 Euro) lautet die Forderung insgesamt auf knapp über 11.000 Euro.
Mehrere Zustellversuche scheiterten
Die beiden Juristen, Stefan Schermaier und Werner Maierhofer, arbeiten mit der Kanzlei des prominenten Berliner Anwalts Lothar de Maiziere zusammen. Bisher hatte über den Aufenthaltsort und die Zustelladressen Alijews in Österreich Rätselraten geherrscht. Schermaier teilte mit, dass die Anwälte mögliche Aufenthaltsorte in Österreich recherchiert und auch mehrere Zustellversuche unternommen hätten. Die österreichischen Anwälte Alijews hätten die Klage auf Schadenersatz zur Kenntnis genommen, es handle sich also nicht um ein Versäumnisurteil. Der Zahlungsbefehl ist somit vollstreckbar.
Foltervorwurf gegen Alijew
Der Zahlungsbefehl wurde von einem ehemaligen Leibwächter Alijews erwirkt, der heute im belgischen Gent lebt. Er war nach eigenen Angaben für die Bewachung des früheren kasachischen Regierungschefs Azekhan Kazhegeldin zuständig. Kazhegeldin ging 1997 als Premierminister in den Ruhestand, wollte sich aber nicht aus der Politik verabschieden und kam damit offenbar in Konflikt mit Alijews politischen Ambitionen. Der Leibwächter wurde zu einer Haft von dreieinhalb Jahren verurteilt. Er sagte aus, dass Alijew persönlich Anweisung gegeben habe, ihn zu foltern. Alijew soll sich auch eigenhändig an Folterhandlungen beteiligt haben.
Alijew war später Botschafter in Österreich und erhielt auch eine Niederlassungsbewilligung. Kasachstan forderte seine Auslieferung, Österreich lehnte diese Ansuchen zweimal ab (siehe Infobox). Erst im Juli des heurigen Jahres wurde im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung zweier kasachischer Bankmanager ein Strafverfahren eingeleitet. Zuvor hatten die Europäische Kommission und mehrere Europaabgeordnete kritische Fragen an Österreich gerichtet. In Brüssel fürchtete man, Österreich könne sich zum Schutzraum für Menschenrechtsverletzer entwickeln.
Mutmaßliche Komplizen unbehelligt in Österreich
Das Strafverfahren wurde im Juli auf zwei mutmaßliche Komplizen Alijews, Vadim K. und Alnur M., ausgeweitet. Die beiden sind in Österreich gemeldet und befinden sich auf freiem Fuß. So war Vadim K. am 25. August sogar als Zeuge eines medienrechtlichen Verfahrens im Landesgericht Wien aufgetreten. Er konnte das Gericht unbehelligt wieder verlassen. Dem Vernehmen nach löst auch dieser Umstand in Brüssel Befremden aus.
Die kasachischen Bankmanager Zholdas Timralijew und Aybar Khasenov wurden im Februar 2007 entführt. Ihre Leichen wurden im Mai 2011 in der kasachischen Stadt Almaty aufgefunden. Alijew wurde in Kasachstan wegen der Entführung der Bankmanager in Abwesenheit verurteilt. Die Witwen der beiden Bankmanager werden vom Wiener Anwalt Gabriel Lansky vertreten. Der derzeitige Aufenthaltsort von Alijew ist nicht bekannt. Er dürfte sich auf Malta und damit in der EU aufhalten.
AG/red
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