Zentralasiens Gerontokraten suchen Erben

Zentralasiatische Autokraten werden allmählich alt. Kasachstans Präsident Nasarbajew wurde zwar am Sonntag im Amt bestätigt, doch wie bei den Herrschern in den Nachbarstaaten steht eine Hofübergabe ins Haus.


Moskau. Mit 95,5 Prozent wurde der 70-jährige Langzeitpräsident des rohstoffreichen Kasachstan, Nursultan Nasarbajew, am Sonntag im Amt bestätigt. Damit konnte die Zustimmung gegenüber 2005 sogar gesteigert werden. Für westliche Staaten sei dies „eine Sensation", meinte Nasarbajew.


Was indes den Grad der Demokratie betrifft, so „hätte diese Wahl besser verlaufen können und sollen", erklärte OSZE-Vertreter Daan Everts. Andrea Schmitz, Zentralasien-Expertin der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin, ist deutlicher. „Der Urnengang glich einer sowjetischen Akklamation mit ein paar Fassadenkandidaten", sagt sie zur „Presse".


Nasarbajew – zu dessen Beratern der frühere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) zählt – ist zwar beliebt, geht aber auf Nummer sicher. Dafür, dass er das 15,5 Millionen Einwohner große Land, das Österreichs größter Öl-Lieferant ist, auf Lebzeiten regieren wird, hat er schon im Vorjahr gesorgt. Damals erhielt er den Titel „Führer der Nation", dazu Immunität vor Strafverfolgung und das Recht, die Politik auch nach einem Rücktritt zu gestalten. Beobachter werten dies als Hinweis darauf, dass ihm jeder Nachfolger rechenschaftspflichtig wäre. Noch ist ohnehin keiner zu sehen. Und somit bleibt die brennendste Frage innerhalb des Establishments und der vielen ausländischen Investoren unbeantwortet.


Kommen Töchter zum Zug?


Nasarbajew geht es wie dem 73-jährigen Präsidenten des benachbarten Usbekistan, Islam Karimow. Beide regieren seit 1991. Beide werden allmählich alt. Und beide haben keine Söhne. Alexej Wlasow, Zentralasien-Experte am Moskauer Forschungszentrum für den GUS-Raum, schließt nicht aus, dass trotz der patriarchalischen Kultur auch die Töchter als Nachfolgerinnen aufgebaut werden, zumal sie viele Wirtschaftssektoren kontrollieren: „Aber es könnten auch schwächere Kompromissfiguren vorbereitet werden."


An dem Problem ändere sich nichts, sind sich Wlasow und Schmitz einig: Die Autokraten seien nicht allmächtig, sondern auch Gefangene ihrer Umgebung. Während sie selbst auf die Immunität vor Strafverfolgung seitens des Nachfolgers angewiesen seien, müsse dieser erst Akzeptanz in der Elite finden.


Ob Karimow mit der jüngsten Verfassungsänderung zur Stärkung des Parlaments auf die Umwälzungen in Nordafrika reagiert hat, ist sekundär. „Karimow balanciert die Machtverhältnisse in der Elite aus. Da bewegt sich was", sagt Schmitz. „Die Suche nach Mechanismen für die Nachfolgeregelung hat eingesetzt", meint Wlasow, „bis zum Jahresende wird man klarer sehen."


Eingebettet zwischen Russland, China und radikalislamischen Nachbarn im Süden, umgarnt vom Westen wegen der Rohstoffe, sind die zentralasiatischen „Stan"-Staaten mehr von den Intrigen in der Elite als von einem Protest im Volk bedroht. Wo sich in den vergangenen Jahren Proteste geregt haben, wurden sie mit dem Hinweis auf religiösen Fundamentalismus undifferenziert niedergeschlagen.


Zahnarzt ohne Reformwillen


Im isolationistischen Gas-Staat Turkmenistan, wo nach dem Tod des unsäglichen Turkmenbaschi 2006 sein Leibzahnarzt Gurbanguly Berdymuchamedow Reformhoffnungen bisher nicht erfüllt hat, kommen Proteste erst gar nicht auf. Im ärmsten GUS-Staat und Afghanistan-Nachbarn Tadschikistan, wo der 58-jährige Emomali Rahmon seit dem Ende der Sowjetunion regiert, wurden Sicherheitskräfte im Vorjahr Ziel von Selbstmordattentaten. „Das Regime ist poröser geworden", sagt Schmitz. „Aber es denkt nicht an politische Partizipation", erklärt Wlasow.


Ganz anders als im fünften Stan-Staat Kirgisistan. Nach der Tulpenrevolution 2005 und dem blutigen Aufstand gegen die Revolutionäre 2010 besteht heute zwar eine fragile Koalition, aber Machtwechsel werden mittels freier Wahlen initiiert. „Kirgisistan erfindet sich gerade neu", betont Schmitz.


DiePresse.com

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